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Bei der Veranstaltung ZIVILGESELLSCHAFT VOR DER WAHL: Wie halten es die Parteien mit ehrenamtlicher und gemeinnütziger Arbeit?, am 9. September 2019 in der Wiener Urania, hat das BÜNDNIS FÜR GEMEINNÜTZIGKEIT unter der Überschrift Gemeinnützigkeit – Transparenz – Beteiligung seine Vorschläge zur Förderung zivilgesellschaftlichen Engagements und gemeinwohlorientierter Arbeit für die Gesetzgebungsperiode 2019-2024 präsentiert.

Österreich verfügt mit über 125.000 Vereinen und anderen gemeinnützigen Körperschaften über eine enorme Vielfalt und einen großen Reichtum an zivilgesellschaftlichen Organisationen. Rund 2,3 Mio. Menschen engagieren sich ehrenamtlich in diesen Organisationen, 250.000 Menschen sind dort beschäftigt.

Die Politik hat in der Vergangenheit immer wieder versprochen, die Rahmenbedingungen gemeinnütziger Arbeit zu verbessern und zivilgesellschaftliche Organisationen in politische Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Gehalten worden ist dabei allerdings wenig – im Gegenteil: Viele zivilgesellschaftliche Organisationen und Bereiche haben den Eindruck, dass die Rahmenbedingungen eher schwieriger geworden sind, dass die Einbindung in letzter Zeit sogar zurückgegangen ist und einzelne Organisationen undifferenzierten Angriffen seitens politischer Akteure ausgesetzt waren.

Die Mitglieder des BÜNDNIS FÜR GEMEINNÜTZIGKEIT fordern deshalb von den politischen Parteien und der nächsten Regierung, dass diese Entwicklung in der kommenden Legislaturperiode umgekehrt wird und Maßnahmen zur Stärkung dieses für das demokratische Gefüge so wichtigen Bereichs gesetzt werden.

Dazu gehören unter anderem:

  • Ausdrückliche Betonung des Stellenwerts von zivilgesellschaftlichem Engagement und gemeinnütziger Arbeit im Regierungsprogramm
  • Eigene Zuständigkeit für Zivilgesellschaft im Bundeskanzleramt, Bündelung der Kompetenzen (inkl. Vereins- und Stiftungsrecht), Einrichtung einer Koordinations-, Beratungs- und Servicestelle für gemeinnützige Vereine, Stiftungen und soziale Unternehmen und Ausschilderung im Namen des zuständigen Ministeriums („Ministerium für Zivilgesellschaft“)
  • Einrichtung eines eigenen Satellitenkontos in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, um auch die wirtschaftliche Bedeutung von gemeinnütziger und freiwilliger Arbeit sichtbar zu machen
  • Laufende Erhebung der Zahl der Freiwilligen im Rahmen der Statistik Austria
  • Alle zwei Jahre Vorlage eines Freiwilligenberichts durch das zuständige Ministerium an das Parlament
    • Vertretung der zivilgesellschaftlichen Organisationen im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss
  • Verbesserung der Spendenabsetzbarkeit (§ 4a EStG): Vereinfachung der Bestimmungen, Ausweitung der spendenbegünstigten Zwecke (z.B. Bildung, Sport, Tierschutz), Anhebung der Einkommensgrenze auf 20% (analog der BRD), Einsetzung einer Arbeitsgruppe zur Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts unter Beteiligung von Vertreter/innen des gemeinnützigen Sektors
  • Ausweitung der Möglichkeiten und Rahmenbedingungen für gemeinnütziges Stiften (§ 4b EStG)
  • Klare Abgrenzung von Ehrenamt und Freiwilligenarbeit von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, Rechtssicherheit bei der Abgrenzung von EStG und ASVG (inkl. Adaptierung § 36 ArbVG-Arbeitnehmerbegriff)
  • Einrichtung einer eigenen, für gemeinnützige Organisationen zuständigen Abteilung im Finanzamt Österreich
  • Erhöhung des Tagsatzes der steuerfreien Kostenersätze für Freiwillige (wurden seit 15 Jahren nicht angepasst, dzt. € 26,40) bzw. Ausweitung der einkommensteuerbefreiten Bezüge im § 3 Abs 1 Zi 16c EStG
  • Absicherung aller Bereiche freiwilligen Engagements in einer einheitlichen Unfallversicherung
  • Flächendeckender Ausbau von Engagement fördernder Infrastruktur (z.B. Freiwilligenagenturen)
  • Anerkennung der Gemeinnützigkeit bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und Förderungen
  • Möglichkeit der rechtsverbindlichen Bestätigung des Vorliegens der Voraussetzungen für eine steuerliche Begünstigung anhand der Rechtsgrundlage (vorbehaltlich der tatsächlichen Geschäftsführung) – „Gemeinnützigkeitsbescheid“
  • Schaffung von Rechtssicherheit bei der Umsatzsteuerpflicht für Leistungs- und Förderverträge mit der öffentlichen Hand: echte Umsatzsteuerbefreiung von Förderverträgen, Refundierung einer allfälligen Umsatzsteuer bei Leistungsverträgen
  • Befreiung gemeinnütziger Organisationen von Gebühren bei Mietverträgen, Grundsteuer und Kommunalsteuer
  • Verbesserung der Rechtssicherheit und Planbarkeit bei der Erbringung gemeinwohlorientierter Leistungen: verbindliche Förderzusagen vor Beginn der Leistungserbringung, mehrjährige Rahmenverträge mit Valorisierungsklauseln
  • Vereinheitlichung der Abrechnungsmodalitäten von Leistungen, Vermeidung von Mehrgleisigkeiten bei den Kontrollen, Konzentration bei den Kontrollen auf wirklich wesentliche Aspekte, Entlastung beim bürokratischen Aufwand und bei überzogenen Strafbestimmungen
  • Gleichberechtigter Zugang gemeinnütziger Organisationen bei Start-Up, Innovations- und Digitalisierungsförderungen
  • Erstellung jährlicher Vorhabensberichte der Bundes- und Landesregierungen, um frühzeitige Partizipation zu ermöglichen (ähnlich wie auf EU-Ebene)
  • Zugänglichmachung aller Studien, die von der öffentlichen Hand in Auftrag gegeben werden
  • Möglichkeit für interessierte Organisationen, Initiativen und Bürger/innen, sich auf eine Begutachtungsliste für Gesetzesvorhaben und Verordnungen setzen zu lassen (Push-Prinzip)
  • Verpflichtende Begutachtungsverfahren mit mindestens sechswöchiger Begutachtungsdauer und Hearings (z.B. im Rahmen der parlamentarischen Ausschussberatungen)
  • Umsetzung der bereits im Jahr 2008 beschlossenen Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung in allen Politikbereichen
  • Förderung von Innovationsprojekten im Bereich gemeinnütziger Arbeit und Partizipation (z.B. GovLab Austria)

 

Download: Gemeinnützigkeit – Transparenz – Beteiligung 2019-2024

Download: Presseaussendung vom 9. September 2019

Unsere Diskussionsveranstaltung anlässlich der Europa-Wahl am 26. Mai 2019

mit:

  • Camila GARFIAS, MSc, SPÖ
  • Mag. Dr. Othmar KARAS , ÖVP
  • Mag. Werner KOGLER, GRÜNE
  • Dr. Stephanie KRISPER, NEOS
  • Mag. Dr. Georg MAYER, FPÖ
  • Dr. Johannes VOGGENHUBER, Initiative 1 Europa / JETZT

am: Montag, dem 8. April 2019, von 17 – 18:30

im: Haus der Europäischen Union, Wipplingerstraße 35, 1010 Wien

Moderation: DI Franz NEUNTEUFL, IGO



In wenigen Wochen sind wir aufgerufen, über die zukünftige Zusammensetzung des europäischen Parlaments zu entscheiden: engagierte Bürger_innen und gemeinnützige Organisationen, ihre Verbände und Netzwerke sind unverzichtbar für das Gemeinwohl und ein Eckpfeiler der Demokratie.

Im Vertrag von Lissabon bekennen sich die europäischen Institutionen zu einem offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit den repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft. Aber wie sieht der Dialog zwischen den europäischen Institutionen und der Zivilgesellschaft abseits von Wahlen aus und welchen Gebrauch machen wir davon? Hier sind alle Beteiligten gefordert.

Mit der Aktion www.diesmalwaehleich.eu lädt das Europäische Parlament die Zivilgesellschaft ein, sich für die Beteiligung an den Europawahlen zu engagieren.

Darüber haben wir mit unseren Gästen am Podium gesprochen:

Laut einer von der IGO – Interessenvertretung Gemeinnütziger Organisationen durchge­führten Online-Umfrage unter 310 Führungskräften von österreichischen Nonprofit-Organisationen (NPO) sagen fast 80 % von ihnen, dass sich das politische Klima für die Zivilgesellschaft in den letz­ten fünf Jahren verschlechtert hat. Jeder dritte meint sogar, dass es sich „stark verschlechtert“ hat.

Als Belege dafür werden die wiederholten Abwertungen von Nichtregierungsorganisationen („NGOs“) und direkten Angriffe auf einzelne NPOs durch Regierungsmitglieder genannt, wobei auch vor nachweislich unhaltbaren Anschuldigungen („Profitgier“) nicht zurückgeschreckt wird. Parallelen zu ähnlichen Entwicklungen u.a. in Ungarn und Polen sind offensichtlich.

Von vielen NPOs wird auch die Verweigerung eines ernsthaften Dialogs von Seiten der Politik und der Verwaltung als Beleg für das sich verschlechternde politische Klima in Österreich genannt. Die 2001 in einem Weißbuch der Kommission veröffentlichten „Grundsätze guten Regierens“ und die 2008 vom Ministerrat beschlossenen „Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung“ sind längst in Vergessenheit geraten. Maßnahmen zur Stärkung der Direkten Demokratie wurden auf die lange Bank geschoben. Über 50 Petitionen und Bürgerinitiativen harren der Erledigung im Parlament.

Gerne wird hier auf den Artikel 11 des Lissabon Vertrags verwiesen, in dem sich die Institutionen explizit zum Dialog mit den repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft bekennen. Tatsächlich erstellt die Kommission regelmäßig zu vielen Fragen und Gesetzesinitiativen Grün- und Weißbücher und lädt regelmäßig zu Konsultationen ein. Dennoch sind viele der Meinung, dass die Qualität des Dialogs und der Beteiligung nach wie vor sehr zu wünschen übrig lässt.

Non-Profit Organisationen werden auch als 3. Sektor bezeichnet, neben Staat und gewinnorientierten Unternehmen. NPOs erbringen oft Dienstleistungen im Auftrag der öffentlichen Hand, im Bereich soziale Wohlfahrt, Beschäftigung, Kultur, Inklusion, Umwelt und Entwicklungszusammenarbeit. Entscheidend ist, dass NPOs alle Gewinne wieder reinvestieren, und so einen großen Beitrag für Staat und Gesellschaft leisten. Sie bieten auch dort Dienstleistungen an, wo kein Gewinn zu erwarten ist.
Binnenmarkt und Wettbewerbsregelungen sind intensive Handlungsfelder der Europäischen Union, in denen den Besonderheiten des 3. Sektors kaum Rechnung getragen wird. Beihilfe- und Vergaberecht schließen quasi eine Bevorzugung von NPO aus. Ebenso gehen Liberalisierungs- und Privatisierungstendenzen der Daseinsvorsorge Hand in Hand mit einem Zurückdrängen von nicht-gewinnorientierten Anbietern und zivilgesellschaftlichen Initiativen.
Es gibt einen gemeinsamen Wirtschaftsraum aber keinen gemeinsamen Raum für Philanthropie. Grenzüberschreitendes Spenden wird ebenso behindert, wie das grenzüberschreitende Arbeiten des gemeinnützigen Sektors.

Breites Bündnis aus gemeinnützigen Vereinen, Wohlfahrtsträgern, Stiftungen und sozialen Unternehmen fordert die Regierung dringend zum Dialog auf

Wien, 19.11.2018 (ots). Die Regierungsarbeit findet weitgehend unter Ausschluss der Zivilgesellschaft statt. Das zeigt nicht zuletzt das Rating des weltweit tätigen anerkannten Netzwerks CIVICUS, das die Mitgestaltung aber auch Gefährdung zivilgesellschaftlicher Organisationen bewertet. Bei der aktuellen Überprüfung wurde das Rating für Österreich von „offen“ auf „eingeengt“ heruntergesetzt. Begründet wird die Entscheidung unter anderem damit, dass die Regierung den strukturierten Dialog mit der organisierten Zivilgesellschaft verweigere und diese öffentlich immer wieder diskreditiere.

„Wir sind von der Herabstufung durch CIVICUS leider nicht überrascht, denn wir beobachten schon länger, dass sich die Regierung von einem sehr überschaubaren Personenkreis beraten lässt und offenbar keinen Wert auf ein größeres Miteinander legt. Nicht zufällig hat sich erst vor wenigen Tagen auch der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) besorgt über die Qualität der Gesetzgebung geäußert“, so Franz Neunteufl, Sprecher des BÜNDNIS FÜR GEMEINNÜTZIGKEIT.

Bereits unmittelbar nach der Nationalratswahl im Oktober 2017 hatte das BÜNDNIS FÜR GEMEINNÜTZIGKEIT seine Vorstellungen zu Partizipation und Einbindung präsentiert und die jetzigen Regierungsparteien dazu eingeladen, die gesammelte Erfahrung und Expertise zivilgesellschaftlicher Organisationen einzuholen. „Bislang gab es aber keinen strukturierten Dialog. Wir bedauern das zutiefst und sind der Meinung, dass hier die Chance vergeben wird, Qualität und Akzeptanz von politischen Entscheidungen zu erhöhen“, so Neunteufl.

Maßnahmen für eine verbesserte Einbindung der Zivilgesellschaft sind etwa verpflichtende Begutachtungsverfahren von mindestens sechswöchiger Dauer sowie die Ernennung einer Person auf Regierungsebene, die für einen regelmäßigen, strukturierten Dialog zwischen Zivilgesellschaft, Regierung und dem Parlament sorgt. Außerdem wichtig: die Entwicklung einer bundesweiten Strategie zur Aufwertung und Stärkung des Freiwilligenwesens, der Gemeinnützigkeit und des gemeinwohl-, nicht profitorientierten sozialen Unternehmertums.

„Wir suchen den Dialog mit der Politik. Dafür braucht es Rahmenbedingungen, klare Regeln und definierte Ansprechpersonen. Das ist derzeit nicht gegeben. Wir fordern die Regierung auf, ihre Haltung zu ändern, und den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Regierung, Verwaltung und Zivilgesellschaft zu suchen, um dadurch den sozialen Frieden in unserer Gesellschaft zu stärken“, so Neunteufl abschließend.

Rückfragehinweis: DI Franz Neunteufl, Sprecher des BÜNDNIS FÜR GEMEINNÜTZIGKEIT, Tel. 0664 5747584, kontakt@www.gemeinnuetzig.at

Im BÜNDNIS FÜR GEMEINNÜTZIGKEIT sind derzeit 18 Verbände und Netzwerke mit mehr als 1000 Mitgliedsorganisationen aus den Bereichen Soziale Wohlfahrt, Beschäftigung, Inklusion, Kultur, Umwelt und Entwicklungszusammenarbeit zusammengeschlossen.