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Maßnahmenvorschlag an die Bundesregierung zur Abfederung der Teuerungskrise bei gemeinnützigen Organisationen 

Die Inflation erreicht Rekordhöhen. Die Energiepreise steigen zudem weit über dem Ver­braucherpreisindex. Dies betrifft nicht nur private Haushalte, Unternehmen und die Industrie, sondern auch die überwiegende Anzahl aller Non-Profit Organisationen. In einer aktuellen Umfrage des BÜNDNIS FÜR GEMEINNÜTZIGKEIT (zu den Ergebnissen) gaben 4 von 5 Organisationen an, stark von der Teuerung betroffen zu sein.

Gemeinsam haben wir Vorschläge an die Regierung entwickelt mit zwei notwendigen Maßnahmen für die kurzfristige Unterstützung in der aktuellen Krise und einer Reihe an Vorschlägen zur erforderlichen mittelfristigen und ökologischen Senkung der NPO-spezifischen Inflation.

1. Miteinbezug gemeinnütziger Organisationen in das Unternehmens-Energiekosten­zuschussgesetz (UEZG)

Gemeinnützige Organisationen müssen explizit in die Förderrichtlinien aufgenommen werden und Kriterien an NPOs angepasst werden (beispielsweise Unterstützung ab Energiekosten von 1 % des Umsatzes). Die Laufzeit ist auf 2023 auszuweiten.

2. Die weitere Nutzung des Unterstützungs-Fonds für Non-Profit-Organisationen

Nicht alle gemeinnützigen Organisationen werden unter die Förderkriterien der ersten, obenstehenden Maßnahme fallen. Zudem ist für viele NPOs auch die allgemeine Teuerung schwer tragbar (für eine Erklärung siehe unten). Wir empfehlen daher darüber hinaus oder anstelle von Maßnahme 1 die Nutzung bzw. Fortführung des Unterstützungs-Fonds für NPOs.
Eine einfache Herangehensweise für eine Anpassung auf die aktuelle Situation wäre die Sachkosten der jeweiligen Organisation aus 2021 heranzuziehen, die durchschnittliche Teuerung (VPI) des Jahres 2022 (bzw 2023) hinzuzurechnen und die Differenz durch den Antiteuerungs-NPO-Fonds zu fördern.
Ein Mindestbetrag von bspw. 1.500 Euro/Jahr könnte für alle (gemeinnützigen) Antragsteller ausgeschüttet werden.

3. Kurz- und mittelfristige Förderung konkreter Projekte für den ökologischen Wandel der Träger des gemeinnützigen Sektors:

  • Umstieg auf Elektro-Mobilität
  • Erhöhung des Öko-Energie-Anteils durch Photovoltaikanlagen
  • Offensive zur energetischen Gebäudesanierung
  • Programm zum Austausch fossiler Heizanlagen
  • Unterstützung von Maßnahmen zur Kreislaufwirtschaft

Warum sind gemeinnützige Organisationen besonders zu berücksichtigen?

Viele Organisationen werden schon bald nicht mehr die Kraft haben, der Teuerung standzu­halten:

  • Schon heute haben viele Organisationen durch langjährige und teils existenzbedro­hende Förderrückgänge sowie die Konsequenzen von COVID-19 prekäre Finanzierungslagen. Die Teuerungen verschlechtern die Situation weiter.
  • In vielen Fällen gibt es keine Reserven und Rücklagen bei gemeinnützigen Vereinen, da der Aufbau von Rücklagen durch Förderstellen bzw. die Finanzverwaltung gesetz­lich untersagt bzw. sehr stark beschränkt ist.
  • Da laufende Einnahmen von den Organisationen in der Regel nicht umgewidmet werden können, haben die Organisationen kaum Möglichkeit, selbst intern gegen­zusteuern.

Gemeinnützige Organisationen erfüllen wichtige Aufgaben im Interesse der Allgemeinheit. Obwohl sie nicht auf Profit ausgerichtet sind, sind sie darüber hinaus ein wichtiger Teil der österreichischen Wirtschaft. Ziel von Maßnahmen zur Bewältigung der Teuerungskrise soll es sein, die vielfältige Landschaft der gemeinnützigen Organisationen auch über die Krise hinweg zu erhalten und damit die Basis für die Weiterführung ihrer gesellschaftlichen Rolle während und nach der Teuerungskrise zu legen.

 

Ergebnisse Mitgliederbefragung 27.09.22

Bei der Veranstaltung ZIVILGESELLSCHAFT VOR DER WAHL: Wie halten es die Parteien mit ehrenamtlicher und gemeinnütziger Arbeit?, am 9. September 2019 in der Wiener Urania, hat das BÜNDNIS FÜR GEMEINNÜTZIGKEIT unter der Überschrift Gemeinnützigkeit – Transparenz – Beteiligung seine Vorschläge zur Förderung zivilgesellschaftlichen Engagements und gemeinwohlorientierter Arbeit für die Gesetzgebungsperiode 2019-2024 präsentiert.

Österreich verfügt mit über 125.000 Vereinen und anderen gemeinnützigen Körperschaften über eine enorme Vielfalt und einen großen Reichtum an zivilgesellschaftlichen Organisationen. Rund 2,3 Mio. Menschen engagieren sich ehrenamtlich in diesen Organisationen, 250.000 Menschen sind dort beschäftigt.

Die Politik hat in der Vergangenheit immer wieder versprochen, die Rahmenbedingungen gemeinnütziger Arbeit zu verbessern und zivilgesellschaftliche Organisationen in politische Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Gehalten worden ist dabei allerdings wenig – im Gegenteil: Viele zivilgesellschaftliche Organisationen und Bereiche haben den Eindruck, dass die Rahmenbedingungen eher schwieriger geworden sind, dass die Einbindung in letzter Zeit sogar zurückgegangen ist und einzelne Organisationen undifferenzierten Angriffen seitens politischer Akteure ausgesetzt waren.

Die Mitglieder des BÜNDNIS FÜR GEMEINNÜTZIGKEIT fordern deshalb von den politischen Parteien und der nächsten Regierung, dass diese Entwicklung in der kommenden Legislaturperiode umgekehrt wird und Maßnahmen zur Stärkung dieses für das demokratische Gefüge so wichtigen Bereichs gesetzt werden.

Dazu gehören unter anderem:

  • Ausdrückliche Betonung des Stellenwerts von zivilgesellschaftlichem Engagement und gemeinnütziger Arbeit im Regierungsprogramm
  • Eigene Zuständigkeit für Zivilgesellschaft im Bundeskanzleramt, Bündelung der Kompetenzen (inkl. Vereins- und Stiftungsrecht), Einrichtung einer Koordinations-, Beratungs- und Servicestelle für gemeinnützige Vereine, Stiftungen und soziale Unternehmen und Ausschilderung im Namen des zuständigen Ministeriums („Ministerium für Zivilgesellschaft“)
  • Einrichtung eines eigenen Satellitenkontos in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, um auch die wirtschaftliche Bedeutung von gemeinnütziger und freiwilliger Arbeit sichtbar zu machen
  • Laufende Erhebung der Zahl der Freiwilligen im Rahmen der Statistik Austria
  • Alle zwei Jahre Vorlage eines Freiwilligenberichts durch das zuständige Ministerium an das Parlament
    • Vertretung der zivilgesellschaftlichen Organisationen im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss
  • Verbesserung der Spendenabsetzbarkeit (§ 4a EStG): Vereinfachung der Bestimmungen, Ausweitung der spendenbegünstigten Zwecke (z.B. Bildung, Sport, Tierschutz), Anhebung der Einkommensgrenze auf 20% (analog der BRD), Einsetzung einer Arbeitsgruppe zur Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts unter Beteiligung von Vertreter/innen des gemeinnützigen Sektors
  • Ausweitung der Möglichkeiten und Rahmenbedingungen für gemeinnütziges Stiften (§ 4b EStG)
  • Klare Abgrenzung von Ehrenamt und Freiwilligenarbeit von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, Rechtssicherheit bei der Abgrenzung von EStG und ASVG (inkl. Adaptierung § 36 ArbVG-Arbeitnehmerbegriff)
  • Einrichtung einer eigenen, für gemeinnützige Organisationen zuständigen Abteilung im Finanzamt Österreich
  • Erhöhung des Tagsatzes der steuerfreien Kostenersätze für Freiwillige (wurden seit 15 Jahren nicht angepasst, dzt. € 26,40) bzw. Ausweitung der einkommensteuerbefreiten Bezüge im § 3 Abs 1 Zi 16c EStG
  • Absicherung aller Bereiche freiwilligen Engagements in einer einheitlichen Unfallversicherung
  • Flächendeckender Ausbau von Engagement fördernder Infrastruktur (z.B. Freiwilligenagenturen)
  • Anerkennung der Gemeinnützigkeit bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und Förderungen
  • Möglichkeit der rechtsverbindlichen Bestätigung des Vorliegens der Voraussetzungen für eine steuerliche Begünstigung anhand der Rechtsgrundlage (vorbehaltlich der tatsächlichen Geschäftsführung) – „Gemeinnützigkeitsbescheid“
  • Schaffung von Rechtssicherheit bei der Umsatzsteuerpflicht für Leistungs- und Förderverträge mit der öffentlichen Hand: echte Umsatzsteuerbefreiung von Förderverträgen, Refundierung einer allfälligen Umsatzsteuer bei Leistungsverträgen
  • Befreiung gemeinnütziger Organisationen von Gebühren bei Mietverträgen, Grundsteuer und Kommunalsteuer
  • Verbesserung der Rechtssicherheit und Planbarkeit bei der Erbringung gemeinwohlorientierter Leistungen: verbindliche Förderzusagen vor Beginn der Leistungserbringung, mehrjährige Rahmenverträge mit Valorisierungsklauseln
  • Vereinheitlichung der Abrechnungsmodalitäten von Leistungen, Vermeidung von Mehrgleisigkeiten bei den Kontrollen, Konzentration bei den Kontrollen auf wirklich wesentliche Aspekte, Entlastung beim bürokratischen Aufwand und bei überzogenen Strafbestimmungen
  • Gleichberechtigter Zugang gemeinnütziger Organisationen bei Start-Up, Innovations- und Digitalisierungsförderungen
  • Erstellung jährlicher Vorhabensberichte der Bundes- und Landesregierungen, um frühzeitige Partizipation zu ermöglichen (ähnlich wie auf EU-Ebene)
  • Zugänglichmachung aller Studien, die von der öffentlichen Hand in Auftrag gegeben werden
  • Möglichkeit für interessierte Organisationen, Initiativen und Bürger/innen, sich auf eine Begutachtungsliste für Gesetzesvorhaben und Verordnungen setzen zu lassen (Push-Prinzip)
  • Verpflichtende Begutachtungsverfahren mit mindestens sechswöchiger Begutachtungsdauer und Hearings (z.B. im Rahmen der parlamentarischen Ausschussberatungen)
  • Umsetzung der bereits im Jahr 2008 beschlossenen Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung in allen Politikbereichen
  • Förderung von Innovationsprojekten im Bereich gemeinnütziger Arbeit und Partizipation (z.B. GovLab Austria)

 

Download: Gemeinnützigkeit – Transparenz – Beteiligung 2019-2024

Download: Presseaussendung vom 9. September 2019

Breites Bündnis aus gemeinnützigen Vereinen, Wohlfahrtsträgern, Stiftungen und sozialen Unternehmen fordert die Regierung dringend zum Dialog auf

Wien, 19.11.2018 (ots). Die Regierungsarbeit findet weitgehend unter Ausschluss der Zivilgesellschaft statt. Das zeigt nicht zuletzt das Rating des weltweit tätigen anerkannten Netzwerks CIVICUS, das die Mitgestaltung aber auch Gefährdung zivilgesellschaftlicher Organisationen bewertet. Bei der aktuellen Überprüfung wurde das Rating für Österreich von „offen“ auf „eingeengt“ heruntergesetzt. Begründet wird die Entscheidung unter anderem damit, dass die Regierung den strukturierten Dialog mit der organisierten Zivilgesellschaft verweigere und diese öffentlich immer wieder diskreditiere.

„Wir sind von der Herabstufung durch CIVICUS leider nicht überrascht, denn wir beobachten schon länger, dass sich die Regierung von einem sehr überschaubaren Personenkreis beraten lässt und offenbar keinen Wert auf ein größeres Miteinander legt. Nicht zufällig hat sich erst vor wenigen Tagen auch der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) besorgt über die Qualität der Gesetzgebung geäußert“, so Franz Neunteufl, Sprecher des BÜNDNIS FÜR GEMEINNÜTZIGKEIT.

Bereits unmittelbar nach der Nationalratswahl im Oktober 2017 hatte das BÜNDNIS FÜR GEMEINNÜTZIGKEIT seine Vorstellungen zu Partizipation und Einbindung präsentiert und die jetzigen Regierungsparteien dazu eingeladen, die gesammelte Erfahrung und Expertise zivilgesellschaftlicher Organisationen einzuholen. „Bislang gab es aber keinen strukturierten Dialog. Wir bedauern das zutiefst und sind der Meinung, dass hier die Chance vergeben wird, Qualität und Akzeptanz von politischen Entscheidungen zu erhöhen“, so Neunteufl.

Maßnahmen für eine verbesserte Einbindung der Zivilgesellschaft sind etwa verpflichtende Begutachtungsverfahren von mindestens sechswöchiger Dauer sowie die Ernennung einer Person auf Regierungsebene, die für einen regelmäßigen, strukturierten Dialog zwischen Zivilgesellschaft, Regierung und dem Parlament sorgt. Außerdem wichtig: die Entwicklung einer bundesweiten Strategie zur Aufwertung und Stärkung des Freiwilligenwesens, der Gemeinnützigkeit und des gemeinwohl-, nicht profitorientierten sozialen Unternehmertums.

„Wir suchen den Dialog mit der Politik. Dafür braucht es Rahmenbedingungen, klare Regeln und definierte Ansprechpersonen. Das ist derzeit nicht gegeben. Wir fordern die Regierung auf, ihre Haltung zu ändern, und den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Regierung, Verwaltung und Zivilgesellschaft zu suchen, um dadurch den sozialen Frieden in unserer Gesellschaft zu stärken“, so Neunteufl abschließend.

Rückfragehinweis: DI Franz Neunteufl, Sprecher des BÜNDNIS FÜR GEMEINNÜTZIGKEIT, Tel. 0664 5747584, kontakt@www.gemeinnuetzig.at

Im BÜNDNIS FÜR GEMEINNÜTZIGKEIT sind derzeit 18 Verbände und Netzwerke mit mehr als 1000 Mitgliedsorganisationen aus den Bereichen Soziale Wohlfahrt, Beschäftigung, Inklusion, Kultur, Umwelt und Entwicklungszusammenarbeit zusammengeschlossen.